Seit 2007 wird der VINCENT PREIS, der deutsche Horrorpreis, verliehen, der sich inzwischen zu einer festen Größe – nicht nur im recht überschaubaren deutschen Horrorfandom – entwickelt hat: Geboren im deutschen Horror–Forum und gedacht als Meinungsbild von Lesern, Autoren und Verlegern unabhängig von der Anzahl von Followern und Freunden in den sozialen Netzwerken.
Der Grundgedanke des Preises war, die oft unter-schätzten und nur in Kleinverlagen oder Magazinen erscheinenden Horrorgeschichten deutscher Auto-rinnen und Autoren zu würdigen.
Ausgezeichnet werden jedes Jahr die besten Werke der Genres „Horror“ und „Unheimliche Phantastik“ mit deutschsprachiger Originalausgabe.
So hat auch der BLITZ-Verlag mit einigen Romanen/Kurzgeschichten etc. den VINCENT PREIS gewonnen.
Nachfolgend ein nostalgischer Rückblick.
VINCENT PREIS-2012/Kategorie Romane:

Gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978–3–89840–349–8
576 Seiten, 24,95 EUR
Covermotiv von Mark Freier
http://blitz-verlag.de/index.php?action=buch&id=1447
Inhalt:
Berlin 1922: Chiara Mondschein kommt aus dem provinziellen Meißen nach Berlin, um der Beerdigung ihrer Schwester Jula beizuwohnen. Nachdem Jula Meißen verlassen hatte, wurde sie in Berlin ein gefeierter Stummfilmstar. Aufgrund ihrer große Ähnlichkeit mit Jula bittet deren Gönner, der Regisseur Felix Masken, Chiara, für ihre Schwester als Darstellerin einzuspringen, um die begonnene Filmadaption von Edgar Allan Poes „Der Untergang des Hauses Usher“ fertig stellen zu können. Nach anfänglichem Zögern willigt Chiara ein und macht damit den ersten Schritt in die dekadente und gefährliche Welt eines undurchschaubaren Zirkels. Ohne viel Zutun ihrerseits taucht Chiara nach und nach in eine abgründige Welt aus Spiritismus, Drogen, Sex und Tod ein. Es scheint ihr Schicksal zu sein, in allen Belangen die Stelle ihrer toten Schwester einzuneh-men und deren Leben weiter zu führen. Bis sie sich die Frage stellen muss: „Bin ich wirklich noch ich selbst?“
“Ich habe ihre Augen gefilmt” sagte er, die Stimme gesenkt. “Sehr groß, leinwandfüllend. Keiner vor mir hat das getan. Und was ich darin fand … ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Es war nichts, dass irgendwer hätte sehen wollen. Als blickten einem all die eigenen Laster entgegen, auch die, von denen man selbst nichts wissen will, Dinge, die man vielleicht unterdrückt oder totschweigt. Ich habe eine Gänsehaut bekommen, als ich diese Augen auf der Leinwand sah.“
In DAS ZWEITE GESICHT, das der Autor selbst als einen seiner Lieblingsromane bezeichnet, verwebt Kai Meyer die phantastischen Motive der 1920er Jahre und vor allem des deutschen Stummfilms zu einem detailreichen phantastischen Film Noir in Buchform. Der Leser begleitet Chiara Mondschein, die das Schicksal ihrer Schwester aufklären will, gleichzeitig aber immer mehr deren Rolle übernimmt und damit immer tiefer in ein Umfeld des Okkultismus und der Dekadenz eintaucht. Neben Reminiszenzen an NOSFERATU, DAS KABINETT DES DR. CALIGARI und DER GOLEM kommt hier vor allem das Doppelgänger Motiv zum Tragen. So ist Kai Meyer ein akkurat durchkomponierter Roman gelungen, der sich bekannter phantastischer Motive bedient, diese allerdings ganz und gar in den Dienst seiner eigenen Geschichte stellt.
Bei seiner Erstveröffentlichung im Jahr 2002 im Heyne Verlag war der Roman ein Verkaufsflop. Zu sehr war der Name Kai Meyer nach dem Megaerfolg DIE FLIESSENDE KÖNIGIN bereits mit Jugendliteratur verbunden. Die bibliophile Hardcover–Neuauflage im Blitz Verlag enthält außer der überarbeiteten Romanversion noch umfangreiches Zusatzmaterial von Lektorin Hanka Jobke, das unter anderem einen interessanten Blick auf die verschiedenen Entstehungsstufen des Romans erlaubt.
Kai Meyer hätte nach eigener Aussage schon immer gerne Phantastik geschrieben, lieferte aber zunächst zwei Krimis ab, um einen Fuß in die Verlagstüren zu bekommen, bevor er auf historische Romane umschwenkte. Dort hatte er schließlich Gelegenheit, phantastische Motive in seine Geschichten einfließen zu lassen, solange die Romane noch immer unter dem Genrelabel Historienroman verkauft werden konnten (z.B. der Gebrüder Grimm–Roman DIE GEISTERSEHER). Mit der immens erfolgreichen Merle–Trilogie (DIE FLIESSENDE KÖNIGIN, DAS STEINERNE LICHT, DAS GLÄSERNE WORT), die bisher in rund 20 Sprachen übersetzt wurde, schrieb sich Kai Meyer schließlich in die A–Liga der deutschen Phantastik–Autoren, gleichzeitig hängt ihm aber hartnäckig das Label Jugendfantasy an. Teilweise zu Unrecht, denn seine Geschichten weisen, auch wenn die Protagonisten oft Jugendliche sind, eine angenehm ernsthafte Düsternis auf.
Kai Meyers Bibliographie weist inzwischen über 50 Romane auf, von denen einige auch auf andere Medien (Comic, Film, Hörspiel/–buch) übertragen wurden.
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